Mittelalterliche Burgen und Festungsanlagen in Estland
Estland verfügt über zahlreiche Gebäude aus der Zeit der Ritterorden. Manche sind nur noch in Ruinen vorhanden, andere wurden erhalten.
Die Zeit vom Beginn des 13. Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gilt in Estland als der Zeitraum des Mittelalters. Obwohl Hunderte von Jahren und zahlreiche Kriege Verwüstungen angerichtet haben, sind viele bemerkenswerte Gebäude aus dieser Zeit bis heute erhalten geblieben. Wir stellen hier einige vor.
Das estnische Wort „loss" leitet sich tatsächlich vom deutschen Wort „Schloss" ab. Die noch heute erhaltenen Festungsanlagen aus der Zeit des Mittelalters waren ursprünglich ritterliche Herrenhäuser und werden vor Ort meist als „loss" geführt. In Deutschland würde man diese Gebäude eher als Burgen oder Festungen bezeichnen. Jedes dieser „Schlösser" hat ein eigenes Gesicht und eine faszinierende Vergangenheit.
Die Bischofsburg von Haapsalu
Die wuchtige Bischofsburg im Zentrum von Haapsalu zählt ebenfalls zu den gut erhaltenen Festungsanlagen in Estland. Hier residierte der Bischof, bevor er nach Kuressaare auf die Insel Saaremaa umsiedelte. Dieser Umstand hat dem Ort Haapsalu damals die Stadtrechte gebracht, denn als Bischof hat man seinen Sitz natürlich nicht in einem Dorf.
Die Burg in Haapsalu verfügt über eine selten gewordene Tradition: Hier lebt ein Burggeist. Er ist als „Weiße Dame" bekannt und zeigt sich nur in der jeweiligen Vollmondnacht des Monats August an einem bestimmten Fenster.
Das Haapsaluer Museum hat seinen Platz in der Burg. Hier wird das Leben der mittelalterlichen Burg und die ältere Geschichte von Haapsalu präsentiert.
Quelle: Rivo Veber, Toolbox
Die Bischofsburg in Kuressaare
Die Bischofsburg in Kuressaare ist eine der am besten erhaltenen und historisch interessantesten Festungen Estlands. Der Bau des ältesten Teils der Burg, bei dem es sich um ein Kloster handelt, begann im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts und wurde zusammen mit der ersten kreisförmigen Schutzmauer gegen Ende desselben Jahrhunderts abgeschlossen. Die Burg wurde im Laufe der Zeit stark beschädigt und wiederholt umgebaut und rekonstruiert.
Heute ist hier das Saaremaa-Museum zu Hause, in dem man umfangreiche Dauerausstellungen zur Geschichte, Kultur und Natur der größten estnischen Insel besuchen kann. Es gibt außerdem Konzerte, Theateraufführungen und viele weitere Veranstaltungen, wie die im Sommer stattfindenden Operntage.
Quelle: Anna Ovsjankiva, Visit Estonia
"Schloss+" – Die Burgen-Karte
In Zusammenarbeit der diversen Schlossmuseen wurde eine gemeinsame Gästekarte erstellt, die einen um 20% ermäßigten Eintritt in sieben estnische Festungen ermöglicht. Die Festungen von Haapsalu, Narwa, Kuressaare, Rakvere, Vastseliina, Põltsamaa und Paide nehmen bislang teil; die Karte kann in einem der teilnehmenden Museen erworben werden.
Die Hermannsfeste in Narva
Die Festung Narwa, auch als Hermannsfeste bekannt, ist ebenfalls gut erhalten und ihre Steine künden von einer wechselvollen Geschichte. Sie wurde vom Deutschen Orden errichtet. Der genaue Zeitpunkt des Baus ist nicht bekannt. Man vermutet jedoch die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts als ursprüngliche Bauphase. Die mittlerweile mehr als 700 Jahre alte Hermannfeste erhielt zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert ihr heutiges Aussehen.
Heute beherbergt sie das Museum Narwas mit einer Dauerausstellung zur Geschichte von Stadt und Festung sowie zahlreichen Wechselausstellungen. Der 51 Meter hohe Turm der Burg bietet eine großartige Aussicht auf die Stadt Narwa und den gleichnamigen Fluss, die Manufaktur Kreenholm und die vis-à-vis gelegene Burg Iwangorod auf russischer Seite der Grenze.
Quelle: Marvin Kuhr, Visit Estonia
Die Burg in Rakvere
Am Ende der Antike befand sich eine der größten alten estnischen Festungen, Tarvanpää, am heutigen Standort der Burg Rakvere. Dann kamen die Dänen und bauten wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Ordensburg. Nach den Ereignissen der St.-Georgs-Nacht ging die Festung in den Besitz des Livländischen Ordens über. Anschließend wurde sie mehrfach erweitert. Die Burg wurde im 17. Jahrhundert im polnisch-schwedischen Krieg zerstört und liegt seither in Trümmern.
Wenn Sie die Burgruinen heute besuchen, besuchen Sie gleichzeitig einen Themenpark, der das Leben rund um eine Burg im 16. Jahrhundert nahebringt. Hier können Sie Ritter und Soldaten spielen, aber auch Ausstellungen, Workshops und spannende Veranstaltungen besuchen und an einem mittelalterlichen Dinner teilnehmen.
Quelle: Simo Sepp, Visit Estonia
Die Ruinen der Festung Vastseliina
Die Bischofsburg Vastseliina stammt aus dem 14. Jahrhundert, wurde auf dem Land des Bischofs von Tartu errichtet und war im Mittelalter ein berühmtes Pilgerziel. Das Gebäude war auf allen Seiten von Wasser umgeben. Die lebendige Geschichte der Burg ist beeindruckend, währte aber nicht allzu lange, denn der Große Nordische Krieg verwandelte sie 1702 in Ruinen.
Heute befindet sich hier ein Mittelalter-Erlebniszentrum, das dazu einlädt, in alte Sagen und Legenden rund um die Burg einzutauchen. Das Museum stellt die Geschichte der Festung, das Mittelalter insgesamt und die lokale Geschichte vor. Man kann sowohl die Burgruine als auch die alte Taverne und das Pilgerhaus besichtigen. Außerdem bietet sich der Park mit seinen schönen Wegen für einen ausgedehnten Spaziergang an.
Quelle: Karl Markus Antson, Toolbox
Die Festung Purtse
Die kleine Festung Purtse befindet sich im Landkreis Ida-Virumaa am Ufer des gleichnamigen Flusses Purtse, unweit der Ostseeküste. In der Antike war das Gebiet rund um die Mündung des Flusses, an der sich heute ein kleiner Yachthafen befindet, eines der am dichtesten besiedelten Gebiete in Ostestland, aber der Bau einer Vasallenfestung begann hier erst 1533. Es ist eine einzigartige Festung mit unterschiedlichsten Stilelementen und einer spannenden Geschichte.
Das Gebäude wurde komplett restauriert und kann besichtigt werden. Im alten Festungsgewölbe speist man im Restaurant „von Taube". Eine Festungsführung mit dem sehr kompetenten und kundigen Inhaber ist außerordentlich empfehlenswert!
Quelle: Joosep Martinson, Visit Estonia
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Last updated
14.05.2024