Sauna und Rauchsauna in Estland – eine ganz besondere Tradition
Die Sauna-Tradition ist tief in der estnischen Kultur verwurzelt; sie ist ein wichtiger Teil der Identität des Landes.
Heilbäder und Kurorte finden sich in Estland schon seit mehr als 200 Jahren – es sind Hunderte im ganzen Land. Estlands Saunatradition reicht aber noch weiter zurück: Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über das Saunabaden stammen aus dem 13. Jahrhundert!
In der Vergangenheit wurden Saunen zur Heilung verschiedener Krankheiten, aber auch als Entbindungs- und Sterberäume und sogar als Räucherkammer genutzt, woraus sich die Rauchsauna-Tradition in Süd-Estland entwickelt hat.
Heute ist die estnische Sauna ein Ort der körperlichen und geistigen Reinigung und nicht zuletzt ein Ort des geselligen Beisammenseins.
Sauna ist in Estland ein sozialer Akt
Das "Social Network" der ersten Generation.
Wann geht man in Estland in die Sauna?
Obwohl es aus klimatischen Gründern logisch wäre, hauptsächlich im Winter in die Sauna zu gehen, machen Esten das zu jeder Jahreszeit. Und zwar besonders gerne samstags; da sauniert ganz Estland.
Traditionell finden Sauna-Abende an Donnerstagen, an Samstagen und am Vorabend größerer Feste statt – beispielsweise am 24. Dezember, vor dem Weihnachtstag, und am 23. Juni, zum Mittsommernachtsfest, das den Johannitag einläutet.
Gelegenheiten für einen Saunagang findet man allerdings immer: Familienfeiern und Jubiläen sind da genau so geeignet wie der Silvesterabend. Und die Tradition ist auch bei der Jugend beliebt: Sauna-Partys sind weit verbreitet.
Und wenn man keinen Anlass hat, dann erfindet man eben einen!
Traditionelle Sauna-Prozeduren
Die estnische Sauna besteht oft aus einer kleinen Holzhütte, die in einigem Abstand zum Haupthaus auf dem Grundstück steht. Manchmal findet man Saunen auch im Kellergeschoss oder in einem direkt ans Wohnhaus angrenzenden Nebenraum. Das Saunieren benötigt Vorbereitung, denn sie muss vorgeheizt werden. Je nach Sauna-Typ dauert das zwei bis vier Stunden.
Das Wichtigste beim Saunagang ist der Aufguss (Estnisch: „leil"), der das Schwitzen anregt. Während der Schwitzzeit kann man sich mit so genannten Sauna-Quirlen (Estnisch: „viht" bzw. „vihad" im Plural) schlagen. Die Wirkung ist ähnlich wie diejenige einer Massage.
Saunahäuser werden gerne am Meer oder neben einem kleinen See gebaut, damit man sich zwischen den Aufgüssen abkühlen kann. Das regt den Kreislauf an.
Die Sauna-Tradition ist eine gute Antwort auf das estnische Klima. Sie stärkt die Abwehrkräfte und trägt so zur Vermeidung von Erkältungskrankheiten bei.
Laut einem alten estnischen Volksglauben darf man in der Sauna übrigens niemals streiten und auch keine Streits klären, denn das würde die guten Geister, die so etwas nicht kennen, sehr irritieren.
Die Sauna ist für Esten tatsächlich omnipräsent und spielte lange Zeit eine wichtige Rolle – im wahrsten Sinn von der Wiege bis zur Bahre: Hier wurden nämlich früher Babies zur Welt gebracht und auch Tote gewaschen.
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Die Tradition der Rauchsauna in Süd-Estland
In Estland gibt es mehrere Arten von Saunen, aber eine der einzigartigsten ist die Rauchsauna, die auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO steht.
Die Rauchsauna ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens im Landkreis Võrumaa, im Süden Estlands. Eine Rauchsauna unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Saunatypen.
Sie ist mit einigen vorbereitenden Tätigkeiten verbunden, wie dem Bauen des Saunahauses selbst oder dem Sammeln von Reisig und dem Binden der Sauna-Quirle, mit denen man sich selbst oder Begleiter in der Sauna schlägt (bitte nur leicht; es geht hier nicht um Gewalt, sondern um eine Art Massage!). Das gibt es an anderen Orten und in anderen Saunen Estlands zwar auch – hier gehört es aber einfach zwingend dazu!
Ebenso zur Tradition der Rauchsauna gehört das Räuchern von Fleisch im Saunahaus.
Aber es gibt noch mehr Auffälligkeiten: Wie eine traditionelle Sauna besteht zwar auch die estnische Rauchsauna meist aus einem kleinen Haus, das mit Holz in einem gemauerten Steinofen beheizt wird.
Die Besonderheit der Rauchsauna besteht jedoch darin, dass sie keinen Schornstein hat, durch den der Rauch abzöge; er zirkuliert stattdessen während des Anheizens im Saunaraum. Bevor der eigentliche Saunagang beginnt, lässt man das Feuer abklingen und bläst oder wedelt den Rauch größtenteils aus dem Raum.
Ein traditionelles Rauchsauna-Bad ist eine echte Zeremonie und dauert mindestens drei Stunden. Oft befindet sich die Sauna in der Nähe eines Teiches oder eines anderen Gewässers, in dem Sie sich nach jedem Saunagang erfrischen können. Für ein umfassendes Erlebnis kann man sich zwischendurch mit handgemachten Duftseifen einschäumen und hausgemachten Kräutertee trinken. Die Mooska-Farm in Võrumaa bietet Gästen solche eindrücklichen Rauchsauna-Zeremonien an.
Die UNESCO hat das Phänomen der Rauchsauna 2014 in ihre Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
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Last updated
01.05.2024