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Familienausflug vor der Insel KihnuQuelle: Renee Altrov, Visit Estonia

Kihnu – das bezaubernde Eiland, das aus der Zeit gefallen ist

Bunte Trachten, Tanz, Musik und Essen aus dem Meer: gelebte Traditionen zeichnen die Insel Kihnu ebenso aus wie ihre wunderschöne Natur.

Die kleine Insel Kihnu ist vor allem für ihre traditionellen und farbenfrohen Röcke und Trachten, für ihr Quasi-Matriarchat und für die alten sowjetischen Motorräder mit Beiwagen bekannt, in denen die Frauen stets quer über die Insel sausen. Ein Besuch Kihnus lohnt sich das ganze Jahr über – auch im Hinblick auf die Natur.

Gelebte Traditionen

Wenn man an Kihnu denkt, kommen einem als Erstes Frauen in traditioneller Volkstracht in den Sinn – insbesondere in den typischen gestreiften Röcken. Und Handarbeit: fleißige Näherinnen, Weberinnen, Strickerinnen und Stickerinnen, die alleine oder in der Gruppe Kleidung und Kissenbezüge fertigen. Als nächstes tauchen Bilder von wind- und wettergegerbten Fischern vor dem geistigen Auge auf, die im Hafen Netze flicken oder an ihren Booten werkeln. Und dann sind da die Volkstänze, die schon die kleinsten Einwohner Kihnus perfekt zu können scheinen.

Klischee? Ja. Aber in diesem Fall liegt mehr als nur ein Körnchen Wahrheit darin: Kihnu ist tatsächlich so, wie man es sich vorstellt. Eine kleine, verwunschene Insel, auf der die Zeit stehen geblieben ist – mit aberwitzigen Geschichten und Legenden, die bis in fernste Vergangenheit zurückreichen, aber dennoch Einfluss auf die heutigen Inselbewohner haben. Das ist der Grund, aus dem jedes Jahr Besucher aus der ganzen Welt Kihnu einen Besuch abstatten. So etwas gibt es kaum noch – und schon gar nicht mitten in Europa.

Musik und Tanz auf Kihnu

Quelle: Priidu Saart, Visit Estonia

Reisen auf der Insel

In der Regel hat man drei Möglichkeiten, um sich auf der Insel anders als zu Fuß fortzubewegen: auf der Ladefläche eines kleinen Lastwagens, mit dem Fahrrad oder im Beiwagen eines der wunderbaren alten sowjetischen Militärmotorräder, von denen angeblich jede Familie auf Kihnu mindestens noch eines in Besitz hat. Gefahren werden die Motorräder von den Frauen der Insel – ziemlich zügig und in der Regel ohne Helm und Schutzkleidung, denn eine Polizeistreife kommt hier eher selten vorbei.

Überhaupt haben hier die Frauen das Sagen und organisieren das gesamte Inselleben. Das liegt historisch daran, dass die Männer früher meist als Fischer arbeiteten und bisweilen wochenlang auf dem Meer unterwegs waren. Also mussten sich die Frauen um den gesamten Alltag kümmern: von der Landwirtschaft über die Instandhaltung der Häuser bis hin zur Organisation gesellschaftlicher Feste.

Diese Tradition hat sich bis heute erhalten. Die Insel-Frauen hören es nicht gerne, wenn man von Kihnu als dem letzten Matriarchat Europas spricht. Aber es ist zum Glück trotzdem ein bisschen was dran ...

Bei der Fahrt über die Insel wechseln sich Felder und Pinienwälder ab und locker auf den Lichtungen verstreut finden sich kleine Häuser und Hofstellen. Inselneulingen wird eine Tour empfohlen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen: „Kihnu Reesuratas" nennt sich dieser Rundweg, der 23 Kilometer lang ist und auch den Besuch des Museums einschließt. Hier bekommt man einen guten Einblick in Geschichte, Kultur und Traditionen der Insel, die übrigens Teil des UNESCO Weltkulturerbes sind. Kihnu verfügt auch über einen Leuchtturm, der eine wunderbare Rundumsicht über das Eiland und die See ermöglicht.

Kihnu-Frauen auf Motorrad

Quelle: Priidu Saart, Visit Estonia

Das Inselessen

Gerichte mit Ostsee-Hering sind obligatorisch – und es gibt sie in vielen verschiedenen Varianten. Geräuchert schmeckt er wunderbar zum authentischen Kihnu-Brot. Da die Insel vom Fischfang lebt und die Bewohner echte Expertise in Sachen Fisch aufweisen, sollten Besucher die Chance nutzen und sich in die Fertigkeiten des Räucherns, Filettierens und Aufrollens von Fischen einweisen lassen; entsprechende Angebote gibt es regelmäßig.

Feste und Feiern

Im Frühsommer, Ende Mai, wenn der Flieder blüht, treffen die Einheimischen alljährlich emsige Vorbereitungen für das erste große Fest des Jahres: „Kihnu Keretäüs", die Kaffee-Tage. Es ist ein Schlemmerfest, das Anfang Juni stattfindet und die Vorstellung diverser Inselspezialitäten mit einem Unterhaltungsprogramm verbindet.

Zur Mittsommernacht – dem in ganz Estland verbreiteten großen Sommerfest – wird ein alter Fischerkahn in Brand gesetzt. Das Feuer ist der Auftakt zu einer Nacht voller Musik und Tanz in den farbenfrohen Inseltrachten.

„Kihnu Mere Pidu", das Kihnuer Meeresfest, ist das größte und bedeutendste Festival der Insel. Mitte Juli zeigen die Kihnuer hier regelmäßig alles, was sie können und haben: Es gibt einen großen Markt mit Handarbeiten und kulinarischen Spezialitäten, mit Workshops, künstlerischen Darbietungen, mit sportlichen Wettbewerben, Musik und Tanz.

Quelle: Felix Hau, Visit Estonia

Apropos Tanz:

Wer die traditionellen Tänze erlernen will, sollte Kihnu im August besuchen. Denn das Festival "Kihnu tansu päe" steht ganz im Zeichen des Tanzens.

Das Kihnuer Violinen-Fest im Oktober bringt die besten Geiger Estlands auf die Insel. Sie spielen traditionelle Kihnuer Weisen, tauschen sich untereinander und mit dem Publikum aus, rufen die Instrumentenlehre wieder ins Gedächtnis, geben Konzerte und beleben – für Inselbewohner wie für Gäste – so das musikalische Erbe der Insel immer wieder neu.

Der Gedenktag der Heiligen Katharina schließlich bringt etwas Licht und Wärme in die dunkle Jahreszeit. An diesem Tag wirft man sich in Schale, verabredet sich mit Freunden und Nachbarn und hat zusammen jede Menge Spaß.

Auf der Eisstraße nach Kihnu

Normalerweise gelangt man mit der Fähre auf die kleine Insel. Im Winter aber – zumindest wenn das Wetter mitspielt und es lange genug sehr kalt war –, kann man Kihnu auch mit dem Auto auf einer der estnischen Eisstraßen erreichen. Sie ist 11 Kilometer lang und die Überfahrt ist wirklich ein Erlebnis.

Kihnu ist mit seinen lebendigen Traditionen eine unglaublich spannende Insel, die Sie unbedingt einmal besuchen sollten!

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